Erfahrungen im Weinanbau in Weißensee
Autor: Günter Tunze im Mai 2012
Unser Gartenfreund Günther Blumert, der sich frenetisch um unsere Internetseite bemüht, bat mich, doch auch etwas dazu beizutragen. Was
kommt besser an als eigene Erfahrungen und ein Mann nebenan, der helfen kann. Liebe Gartenfreunde in den nachfolgenden Bildern sehen Sie was der Lohn sein kann nach einigen Jahren intensiver
Arbeit am Wein.
Vorwort
Im Jahre 2004 brachte meine Frau eine Rebpflanze aus dem Angebot im Normamarkt mit nach Hause. Ich besorgte Material, baute ein Spalier, informierte mich im Internet und hatte nach 3 Jahren eine dekorative Wand und kiloweise natürliche Trauben. Seitdem pflanze ich jährlich 5 bis 10 Reben.
"Weißensee" – der Name stammt von einem flachen See, an dessen Nordseite sich ein sanfter Hügel hinzog. Diesen See gibt es nicht mehr, aber früher hielt er durch seine Wassermenge die Wärme, die dann langsam die Berge emporkroch – ideal für den Weinanbau. Das erkannten natürlich die Mönche und, weil sie statt Frauen, Wein wollten, lehrten sie den Bauern den Weinanbau. Noch immer zeugen Flurnamen wie „Weinberg, Weinhof, Weinberghöhle, Weingarten“ von der damaligen Verbreitung.
Im Jahre 2007 legte der Landschaftsschutzverein einen Weinberg am Gondelteich in herrlichster Südlage an, leider von hohen Bäumen beschattet. Dieser Wein wird in Baden- Württemberg gekeltert (wo Zuckerzusatz verboten ist) und schmeckt dementsprechend.
Erfahrungen im Anbau
Meine beste Sorte ist der „Regent", eine mittelgroße, blaue Traube mit mittleren Beeren. Sie ist robust, ertragreich und süß. Aber meine Frau liebt mehr das Fruchtige, d. h. die Säure, und sowie die hellen Sorten reifen, isst sie Stock für Stock ab. Helle Sorten sind anfälliger gegen Frost und werden von Wespen bevorzugt – schmecken aber besser. Auch kernlose Hochzuchtsorten wie „Vanessa“ sind ertragreich, schmecken, brauchen aber geschützte Lage und viel Pflege. Weinreben gehören in jeden Garten. Sie reifen je nach Sorte von Mitte August bis Oktober, also dann, wenn es keine anderen Beeren mehr gibt. In dieser Zeit vertilgen wir täglich bis zu zwei kg.
Weintrauben aus dem Supermarkt riechen von Weitem nach Chemie, sie werden viele Male gespritzt. Wenn Freunde und Bekannte kommen, gibt es nichts Schöneres, als ihnen appetitliche Trauben in vielen Sorten vom Stock anzubieten. Nicht zu vergessen ist, dass der Wein ein attraktiver Schattenspender und Sichtschutz ist und im gepflegten Zustand immer einen Blickfang darstellt. Beste Beispiele haben die Meisten von uns schon in den Mittelmeerländern erlebt. Will man den Anbau in größeren Stil betreiben, bestellt man die Reben in einer Rebschule über Internet, das Stück für 8 bis 10 €. Wenn man bis ca. 20. Mai warten kann, dann gibt es sie billig im Hake-Baumarkt, OBI oder Norma für 6 €.
Pflanzung
Wie erwähnt, ist der beste Ort eine Wand in Südrichtung, aber Südost bzw. Südwest sind auch gut. Das Spalier sollte mindestens 10 cm von der Wand weg sein, kann aber auch durchaus im Freien stehen. Holzspalier erfordert viel Pflege, deshalb setze ich jetzt auch Draht und Metallgitter ein. Wer glaubt, Wein wächst nur in Weinbergen, der irrt. Weltweit wächst der Wein in riesigen Plantagen auf dem flachen Land, wichtig ist dabei Sonne, Sonne, nicht zu kalt und nicht zu warm, und auch Wind schadet nicht. Es muss auf genügend Abstand geachtet werden, damit die Reben auch bei flachem Sonnenstand sich nicht gegenseitig beschatten. Ich habe hier 2,00 m x 2,50 m und gehe maximal 2,00 m in die Höhe. Günstig ist eine großzügige Pflanzgrube, damit die neuen Wurzeln es leicht haben. Ich mische ausgehobene Erde mit Pflanzerde und fülle damit das Loch. Die Rebpflanze wird bis zur Veredelungsstelle eingesetzt und feucht gehalten, bis sie gut wächst. Als Schutz wird die Pflanze im Spätherbst bis über die Veredelungsstelle abgedeckt (wie bei Rosen).
Anzucht
Wie auch bei Obstbäumen braucht es Geduld, bis größere Ernten möglich sind. Man kann nach drei, aber auch erst nach fünf Jahren Massen haben, je nachdem, wie die Rebe anwächst und durch den Winter kommt. Doch macht es auch Spaß, wenn bis zu fünf Meter lange Triebe wachsen und man bald nicht mehr weiß, wohin damit. Doch es heißt: wachsen lassen (!), so wie die Blattmasse, entwickeln sich die Wurzeln und der Stamm. Das sind die unbedingten Voraussetzungen für viele prächtige Trauben mit süßen, großen Beeren. Im ersten Jahr lässt man ein oder zwei Triebe wachsen, andere werden ausgebrochen. Nach dem Schnitt im Jahr zieht man die künftigen Hauptäste (maximal vier), diese tragen schon, aber man lässt nur je eine Traube stehen. Diese Äste bilden nach dem Schnitt im dritten Jahr wieder Nebenäste, welche je nach der Rebe schon gut tragen können. In den nächsten Jahren wird der Aufbau der Pflanze fortgesetzt und durch Pflege gute Ernten erzielt. Wein wächst in alle Richtungen, auch um die Ecke, nur nicht nach unten, man kann also alle möglichen Flächen bewachsen und auch aus jeder Richtung die Sonne holen. Als ehemalige Waldpflanze ist der Wein für lockeren Humus dankbar. Die Rebpflanzen brauchen keinen Dünger, keinen Mist, im mittleren Stadium wenig Wasser. Die Wurzeln suchen sich alles selbst, sie riechen, was es wo gibt und entsprechend schmecken die Trauben. Hat man z. B. einen Plattenweg oder Pflaster, wo das Wasser durch die Fugen kann, so lauern darunter die Haarwurzeln des Weines. Mein Regent steht neben den Wasserfässern und holt sich jeden Tropfen, der daneben geht.
Pflege
Pflege ist nicht zu verwechseln mit Schnitt. Angst haben die meisten Gartenfreunde vor beiden Tätigkeiten. Gerade diese Arbeiten machen mir persönlich mehr Spaß als das eigentliche Ernten. Man sieht, wie sich der Wein entwickelt, man zieht ihn wie ein Kind, täglich entdeckt man Neues und man weiß, dass durch die tägliche Pflege ein guter Erfolg garantiert ist. Wenn man ständig hinterher ist, dauert eine fünfjährige Weinpflanze zu pflegen, wöchentlich etwa eine Stunde. Die Pflege beginnt im Mai mit dem Austreiben der Knospen. So weh es auch tut, man lässt nur einen Trieb je Zapfen stehen, außer es gilt, Lücken zu füllen. Die Triebe wachsen rasant. Ich suche aus, welche als Hauptäste weitergezogen werden oder als Tragäste für die nächsten Jahre bleiben. Es beginnt das Anbinden, Spaliere erweitern, Gedanken machen, wie man den Stock weiter gestaltet in ruhiger, grüner Umgebung – das ist es, was viele Gartenfreunde suchen. Die Ansätze der Trauben kommen, das Wetter ist günstig, jetzt will der Weinstock alles mit einmal und bildet auch in den Blattachseln Triebe. Wie bei Tomaten werden diese ausgegeizt, es sei denn, man will Lücken füllen, was aber zu Lasten der Trauben geht. Die letzte Pflegemaßnahme vor der Ernte ist das Auslichten, um alle Kraft der Rebe in die Trauben zu lenken und jeden Sonnenstrahl aufzufangen. Künftige Hauptäste werden eingekürzt, die Tragäste werden so zurückgeschnitten, dass drei Blätter je Traube bleiben. Triebe, die nicht tragen und man nicht fürs nächste Jahr braucht, werden entfernt. So bietet jetzt mein Weinstock den besten Anblick des Jahres und belohnt damit meine Mühe.
Schnitt
Meistens erhält man mit den Pflanzen eine Anleitung zum Schnitt. Auf jeden Fall soll man keine Angst davor haben, es macht Spaß aus einem wilden Busch einen geordneten Rebstock zu machen, gern helfe ich dabei.
Warum wird verschnitten?
Als Wald- und Baumkletterpflanze will Wein immer nur nach oben. Der Schnitt zwingt ihn, unten Triebe zu bilden. Trauben wachsen nur auf einjährigen Trieben, die auf zweijährigem Holz stehen.
Wann wird verschnitten?
Es kommt nicht so auf die Zeit, sondern auf das Wetter an. Ab letzte Februarwoche bis Mitte März sollte man das Wetter beobachten und Schneiden, wenn keine Frostgefahr mehr ist. Das Bluten, das mit dem Saftziehen beginnt, hat nichts mit dem Schnittzeitpunkt zu tun.
Wie wird verschnitten?
Im ersten Jahr nach der Pflanzung, je nach Entwicklung (Höhe), ein Drittel bis zur Hälfte wegschneiden. Ein bis zwei starke Triebe stehen lassen und als untere Hauptäste ziehen, oder steil bzw. schräg nach oben wachsen lassen.
Im zweiten Jahr nach der Pflanzung soll man nur diese Hauptäste haben. Je nach Entwicklung lässt man maximal sechs Augen stehen. Diese wachsen aus und tragen. Jetzt kann man den Hauptast verlängern oder neue Hauptäste ziehen.
Im dritten Jahr hat man unverändert die alten Hauptäste. Man entscheidet sich für neue Hauptäste (nicht so viel) und kürzt diese auf vier bis sechs Augen ein, daraus wachsen neue Tragäste. Die anderen Äste kürzt man auf ein Auge, daraus wächst wieder ein Tragast. So hat man jedes Jahr eine neue Generation.
(Wird fortgesetzt bzw. bei neuen Erfahrungen überarbeitet.)
Fortsetzen ist immer gut, wenn es so wie hier etwas zum lernen gibt.
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am 27.08.2017